Kellenberg um 1930 Geschichte

21.02.11

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Die Lage

In der Rurniederung findet man im Jülicher Stadtteil Barmen die herkömmliche Form der niederrheinischen Wasserburgen in Schloß Kellenberg wieder. Der Gebäudekomplex bietet das Bild einer "gewachsenen", von doppeltem Grabensystem umgebenen Festung ländlichen Gepräges. Obwohl im Laufe verschiedener Jahrhunderte gestaltet, blieb die Gesamtanlage dennoch dem ursprünglichen Baugedanken stets verpflicht. Schloß Kellenberg gehört nicht nur zu den größten, sondern auch zu den eindrucksvollsten Bauten dieser Art im Rheinland. Häufig wird die alte Wasserburg besucht und in der einschlägigen Literatur oftmals erwähnt. Leider liegt bisher dem interessierten Geschichtsfreund keine größere zusammenhängende Arbeit vor. Dies ist um so mehr bedauerlich, da Kellenberg ein wertvolles, aber kaum bekanntes Archiv besitzt.

Von dem hier aufbewahrten umfangreichen Urkunden- und Aktenmaterial das den weiteren Bereich des Jülicher Landes betrifft, ist bislang nur relativ wenig veröffentlicht worden. Neben ihrem Wert für die allgemeine politische Geschichte sind diese Dokumente eine noch längst nicht voll ausgeschöpfte Quelle für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte unserer Heimat. Beim Studium der Regesten und Originaltexte entdecken wir die klangvollen Namen der rheinischen Geschlechter von Beeck, Bochholtz, Drimborn, Hoensbroech, Olmüssen gen. Mülstroe, Paland, Raitz von Frentz, Reuschenberg, Utenhoven, Verken, Werth und viele mehr. Alle Archivalien hier im Einzelnen kennzeichnen zu wollen, verwehrt uns jedoch ihre Vielzahl. Hinreichend Auskunft gibt eine maschinenschriftliche Aufstellung im Schloß. Die Benutzung des Inventars wird durch die beiden Register des Repertoriums - eines zu den Urkunden und eines zu den Akten -erleichtert.

Der Name Kellenberg

bzw. Kellenburg wird erstmals in einem Pfandbrief von 1597 in der heutigen Schreibweise urkundlich belegt. Das Fehlen einer älteren Oberlieferung findet darin seine Begründung, dass noch dieses Pergament und spätere Quellen die Bezeichnung Haus Barmen oder/ und Rittergut Kellenburg ausweisen. Im mittelalterlichen Sprachgebrauch waren "Burg" und "Berg" offensichtlich als Synonyme auswechselbar, denn berger heißt zunächst nicht "schützen durch verhüllen", sondern "schützen durch erhöhen" (aufheben). Das Bestimmungswort (Kell(en) bezeichnet den keln- oder kelhof (-burg) als ein dem Kellner gehörendes oder überlassenes Hofgut, wo die Naturalleistungen eingekellert, eingelagert wurden. Kellner oder Keller hieß anfänglich der Verwalter aller herrschaftlichen Einkünfte überhaupt. Schließlich bedeutete Kellner soviel wie ein "Rentamtmann", und die Kellnerei war das Rentamt oder die Rentmeisterei. Daher hat diese Auslegung auch für den Namen Kellenberg (= burg) eine sinnvolle Grundlage. Die Deutung nennt und meint eine wichtige Aufgabe des Schlosses als Sitz der Verwaltung, die hier auf die bescheidenen Verhältnisse eines kleinen Herrschaftsbereiches abgestimmt war.

In großen Zügen brachten 1902 die Bearbeiter der Kunstdenkmäler in dem für den ehemaligen Kreis Jülich bestimmten Band eine Inventar- und Baubeschreibung der wasserumwehrten Anlage. Ein Aufsatz von A. Meyer folgte 1934 mit interessanten Details in der Reihe: Alte Burgen des Dürener und Jülicher Landes. Zur Baugeschichte gab zuletzt H. Kisky im Jahre 1960 folgenden prägnanten Oberblick:

"Als ältester Bauteil tritt der eigentliche Wohnturm in Erscheinung, der, anfangs wohl allein stehend, von in Wehrganghöhe angebrachten Ecktürmchen und einem mächtigen, steilen Wehrdach bekrönt wird. Offenbar im 15. und 16. Jh. aus Feldbrandziegelsteinen errichtet, gehört dieser Turm zu den Nachfahren der großen Wehrwohntürme, wie wir noch ein wichtiges Beispiel an der Landesburg Lechenich besitzen. Schon bald, wohl spätestens im 16. Jh. erhielt der Turm einen Wohnflügelanbau, der dann im Laufe des 17. und 18. Jh. weiter ausgebaut wurde. Auch die durch einen starken Graben von der Herrenhausinsel getrennte Vorburg hat ihren Wehrturmakzent: Der Torbau überragt die Wirtschaftsbauten und unterstreicht den Eindruck, den das verteidigungsfähige Kellenberg zum wenigsten seit dem 16. Jh. gemacht hat. .."

Vermutlich hat die merkwürdige Bildunterschrift "Kellenbach Freyh: von Frentz" mit dazu beigetragen, dass die älteste überlieferte Ansicht des Hauses von 1723 fast unbekannt blieb. Es ist dies eine kleine in lavierter Tusche ausgeführte und mit Wasserfarben kolorierte Vogelschau aus dem Codex Welser[1]. Da weitere zeitgenössische Abbildungen über Kellenberg fehlen, vermittelt diese Darstellung den einzigen Oberblick aus der Zeit, wo Wehrhaftigkeit und der Nur-Wirtschaftszweck zugunsten des Wohnkomforts aufgegeben wurden. Die schlichte Federzeichnung im Format von ca. 6 x 8 cm zeigt die Hauptburg noch mit den vier alten Ecktürmen. An der jetzt offenen Ostseite des Herrenhauses lassen die Mauerreste noch zwei weitere Rundtürme erkennen, die in ihrer Größe genau den Maßverhältnissen der erhaltenen an der Westseite entsprechen.

Bereits im 18. Jh. hat man diesen Trakt sowie Teile des nördlichen und südlichen Flügels abgebrochen. Die bauliche Umgestaltung zum repräsentativen Landsitz kam im Jahre 1838 zum Abschluss. Daran erinnert an der Torfront des mächtigen fünfgeschossigen Hauptturmes das Allianzwappen Raitz von Frentz und Beyssel-Gymnich. Bildnisse in der Gemäldesammlung des Hauses zeigen diese fortschrittlichen Eheleute, die das spätmittelalterliche Kellenberg in der jetzigen Form modernisierten. Eine weitere Bestätigung dafür sind die Jahreszahl MDCCCXXXVIII aus Schmiedeeisen auf dem geschweiften Giebel an der Rückseite des Hauptbaues und darunter die Inschrift:

P. GERM. LlBER BARG EDMUNDUS RAITZ DE FRENTZ EJUSQUE UXOR COMES CUNEGUNDA BEISSEL DE GYMNICH HANC VILLAM EQUITIS QUAM TEMPLARII TENUISSE DICUNTUR RESTITUERUNT.

Kein leichtes Spiel haben die Historiker mit den geschichtlichen Anfängen des Hauses. Vieles liegt noch im Dunkeln und in der örtlichen Geschichtsschreibung scheint mitunter Dichtung und Wahrheit verwoben. Zweifellos ist für die Gründung Kellenbergs die Zerstörung der Feste Barmen im Jahre 1352 durch den Markgrafen Wilhelm V. von relevanter Bedeutung. Vergebens hatten sich die Barmer Ritter mit anderen Vasallen gegen die ständig wachsende Macht der Jülicher gewehrt. Nach einer Niederlage im offenen Feld mussten sie selbst die Einäscherung ihrer Stammburg hinnehmen, die auf dem Gelände des heutigen Eschenhofes stand und als dessen Burgfried der aus dieser Zeit erhaltene Kirchturm angesehen wird.

Zunächst waren dann auch die Herren von Barmen die ersten Besitzer der neuen Burg, die fernab der alten Dorfsiedlung im Sumpfland der Rur entstand. Das reiche und streitsüchtige Geschlecht führte dasselbe Wappen wie die von Engelsdorf: ein silberner Schild, geteilt durch einen schwarzen Querbalken, im Schildhaupt ein roter rechts springender, doppelschwänziger Löwe. Entgegen der Auffassung von A. Kohlhaas ist der Ausgang des Geschlechtes nach den Studien von 0. Merkens und der Genealogie im Kölner Nachlass E. von Oidtman jedoch folgender:

Edmund von Barmen, Ritter, siegelt 1351. Er hatte drei Kinder:  

  1. Edmund, siegelt 1362 wie sein Vater im Vertrag mit Johann von Reifferscheidt, der ihm das Schloß Stolberg Verwahrung gab. Er wurde um 1390 wegen Landesverrats hingerichtet. Aus seiner Ehe mit Elisabeth von Goer, 1393 als Witwe urkundlich, ist nur ein Sohn Heinrich bekannt. Dieser tritt in den Jahren 1393 und 1396 als Knappe auf und verpfändet in den Jahren 1402 bis 1410 sein elterliches Erbe, verkauft zuletzt am 10. Mai 1410 "Haus und Wohnung zu Barmen mit Hofstatt, Gräben und Dämmen" an Wilhelm von Vlatten. Dieser Heinrich hatte keine Nachkommen.
  2. Tochter, Vorname unbekannt, verheiratet mit Gerhard Myullaert von Hülhoven. Die Tochter Johanna aus dieser Ehe heiratete zuerst den Ritter Wilhelm von Vlatten. In zweiter Ehe heiratete sie 1428 Wilhelm von Wevelingen - Alfter, mit dem sie als Besitzerin von Kellenberg vorkommt.
  3. Heinrich, Ritter 1354 (mit Ritter Heinrich von Overbach), 1361 (Amtmann zu Monschau), 1364 urkundlich, erklärte 1390, dass sein Bruder Edmund wegen Untaten auf Befehl des Herzogs von Jülich zu Aachen gefangen, gerichtet und getötet worden sei, er selbst habe der Stadt Aachen Urfehde geschworen. Heinrich lebte noch 1403. Nachkommen sind nicht bekannt.

Für die Folgezeit geben die Kellenberger Archivalien genaue Auskunft über die weitere geschichtliche Entwicklung und Besitzverhältnisse.

Wir erfahren beispielsweise aus den Urkunden:

  • 23. April 1590

Agnes, Wwe. Scheiffart von Merode, Frau zu Bornheim, geb. von dem Byland, bestellt den Johann Dahmen zu ihrem und ihrer Tochter Diener und Verwalter (Rentmeister) des Hauses Barmen und gibt ihm eine genaue Dienstanweisung.

  • 2. Febr. 1625

Otto Heinrich Walpott von Bassenheim, der Kellenberg bisher von Wilhelm Scheiffart von Merode in Pfandnutzung hatte, bekennt, er habe von dem neuen Eigentümer Johann Karl von Utenhoven zur Ablösung der Verpfändung 4762 Reichstaler erhalten; Johann Karl hatte das Schloß 1616 gekauft.

  • 23. Dezember 1638

Kellenberg gelangt von Hans Ludwig von Utenhoven und seiner Frau Francoise Besancon für 25 000 Reichstaler an

Jan von Werth,

dem ruhmgekrönten und durch Sage und Dichtung verherrlichten Held des Dreißigjährigen Krieges.

Wer kennt nicht Jan von Werth? Niederrheinischer Herkunft war der General, der gegen Franzosen und Schweden focht und seine Erfolge durch schonungslosen Einsatz der eigenen Person erzielte. Auch nach Niederlagen nie entmutigt, von unverwüstlicher Lebenskraft, die gefährliche Verwundung überdauerte, wusste Werth in nie schwankender Selbstsicherheit die Gunst des Augenblicks zu nutzen und errang Ruhm als einer der großen Kavallerieführer der europäischen Geschichte (H. Lahrkamp). Sein Aufstieg vom ungebildeten Bauernburschen zum geachteten Feldherrn fand selbst auf der Gegenseite viele Bewunderer. Kein eigenhändiger Brief existiert von ihm, nur seine Unterschrift konnte er leisten. Zeitweise weilte er selbst auf Kellenberg, das in mehreren Schriftstücken seinen schwungvollen Namenszug besitzt. Viele Seiten würden allein sein bewegtes Leben füllen, doch wir wollen uns beschränken, da ja spezielle Literatur ausführlich über Jan von Werth berichtet.

Verwaltet wurde der Kellenberger Besitz von Johann von Virschel, der Jans Schwester Johanna geheiratet hatte. Das Kellenberger Pachtbuch führt ihn zu wiederholten Malen als Rentmeister bzw. als Halbwinner auf. Ebenfalls nennen die Barmer Kirchenbücher häufig den Namen seiner Ehefrau als Taufpatin und Mitglied der ortsbezogenen Bruderschaft von den Sieben Schmerzen Mariens. Seine einzige Tochter Lambertine Irmgard vermählte Jan von Werth mit Winand Hieronymus

Raitz von Frentz,

dem Sohn seines früheren Gutsherrn zu Schlenderhan wo er in der Jugend als Pferdeknecht diente. Nach dem Tode des Reitergenerals gelangten im Jahre 1655 die deutschen Besitzungen nach einem Rechtsstreit an Werths Tochter und somit an die Raitz von Frentz.

Verschiedene Stiftungen und Schenkungen weisen noch heutzutage in Barmen auf die soziale Gesinnung und tiefe Frömmigkeit dieser Familie hin. Als ständige Erinnerung an die große Schar der Angehörigen blieben weiter zahlreiche Bildnisse und die kunsthistorisch wertvollen Totentafeln in der restaurierten Schloßkapelle erhalten. Man wird diesem wohlhabenden Kölner Patriziergeschlecht in einer nur wenigen Sätzen umfassenden Abhandlung jedoch nicht gerecht. Allein der umfangreiche und bisher kaum genutzte schriftliche Quellenbestand zwingt zu einer gesonderten Behandlung.

Bis zum Erlöschen der Raitz von Frentz im Mannesstamm 1864 blieb die Burg im Besitz dieser Familie; dann gelangte sie an die Grafen von und zu Hoensbroech, in deren Besitz das Schloss bis 2009 blieb. Seit Anfang 2009 ist der Besitzer der Bau und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) .

Wer die Geschichte der rheinischen Wasserburgen studieren will, muss Kellenberg kennen (H. Kisky).

 

 

[1] Bisher wenig beachtete Handschrift aus dem Jahre 1723, verfaßt und und gezeichnet von Johann Franz von WeIser. Je ein Exemplar wird in der Bayerischen Staatsbibliothek München (Cgm 2635) und im Historischen Archiv der Stadt Köln aufbewahrt.

 

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Stand: 27.02.09